Samstag, 21. Oktober 2017

3 Monate ohne Internet und Fernsehen - Ein Selbstversuch

In unseren Smartphones steckt unser ganzes Leben. Nichts geht mehr ohne soziale Netzwerke und Messengerdienste wie Whatsapp oder Telegram. Wem das Handy gestohlen wurde leidet Höllenqualen - schließlich ist das Leben ohne täglichen Austausch via Internet unvollstellbar geworden. Wer ist man denn noch, wenn niemand mehr von einem weiß? Was bedeutet unser Leben, wenn wir die Bilder dazu nicht bei Instagram oder Facebook teilen? Wenn wir nicht jeden lustigen Gedanken jodeln oder zu unserem Whatsapp-Status machen? Wie lange dauert es, bis Kontakte abbrechen, weil man die Freunde nicht mehr unter Memes verlinkt oder ihnen Gifs schickt?
Und wie schnell verliert man den Anschluss wenn der Fernseher aus bleibt? Was passiert mit einem Menschen, wenn er von der Außenwelt abgeschnitten wird?
All das wollte ich herausfinden - in einem gewagten Selbstexperiment.
3 Monate lang habe ich kein W-Lan und keinen Fernseher. Mutig, sagen die einen. Für die anderen ist es Selbstmord.
Ich weise ausdrücklich daraufhin, dass solche Experimente nur unter ärztlicher Aufsicht und niemals allein durchgeführt werden sollten! 

Vor meinem Selbstversuch ließ ich mich gründlich durchchecken um sicherzustellen, dass körperlich und psychisch nichts gegen dieses Experiment spricht.
Obwohl mein Arzt mir dringend von diesem Experiment abrät, bleibe ich bei meinem Vorhaben - doch bald wird mich der Internetentzug an meine Grenzen bringen.
Während der gesamten drei Monate befinde ich mich an einem Ort, der dem Arsch der Welt schon recht nahe kommt, dessen Namen ich hier aber nicht erwähnen möchte. Untergebracht bin ich in einem ehemaligen Krankenhausgebäude. Unter vielen Spinnenweben und Ästen findet man die Aufschrift "Gästehaus".
Als ich eincheckte fragt die Frau an der Information des Krankenhauses: "Sie bleiben drei Monate? Sie wissen aber schon, dass Sie hier kein W-Lan haben?". Ihr Blick schwankt zwischen Entsetzen und Mitleid. Ich nicke. Langsam wird mir unwohl. Ob ich einen Fehler mache?

Der erste Tag
Ich habe lediglich ein Zimmer mit einem Bett, einem Tisch und zwei Stühlen. Immerhin gibt es Strom und fließend Waser, doch die Lampe ist grell und surrt. Genauso wie die Heizung. Die Toiletten und Duschen befinden sich auf dem Gang, außerdem hat das Gebäude eine kleine Teeküche.
Ich bin gut vorbereitet, denn ich habe einige Bücher, Malblöcke und meine Ukulele dabei. Dennoch schaue ich immer wieder auf meine Handy und öffne diverse Apps, nur um zu schauen. Auf Facebook laden weder Videos noch Fotos. Dann lese ich die Überschrift "7 Tipps, wie wir unserer Gesundheit verbessern können. Nummer 5 ist wirklich einfach!" und klicke darauf. Nichts. Die Seite lädt nicht. Sprachnachrichten auf Whatsapp kommen ebenfalls nicht durch. Ich bin frustriert. Letztendlich greife ich zu meinem Buch und lese, während das Summen von Lampe und Heizung mich langsam in den Wahnsinn treibt. Also schalte ich die Lampe aus und gehe schlafen.

Nach einer Woche
Ich bin schwach geworden und habe mir auf der Arbeit das W-Lan-Passwort geben lassen. Außerdem fahre ich manchmal nach der Arbeit zu McDonalds und kaufe lediglich einen Kaffee. Einen Kaffee bei McDonalds. "Das wärs?" fragt der Kassierer jedes Mal und ich fühle mich ertappt. "Ja das wärs" sage ich und würde am Liebsten erklären weswegen ich wirklich hier bin. Doch dann, so weiß ich, würde ich in Tränen ausbrechen.
Ganz ohne Internet kann ich also doch nicht leben, doch der Fernseher fehlt mir nicht. Im Gegenteil, es ist ja auch mal ganz schön von diesem Schrott wegzukommen.
Eine Sache wundert mich allerdings: Ich dachte ohne W-Lan und Fernsehen hätte ich plötzlich viel mehr Zeit zur Verfügung, aber dem ist gar nicht so. Da Whatsapp schon bei kleinen Nachrichten Ewigkeiten braucht, hänge ich fast genauso lange am Handy wie sonst auch. Außerdem habe ich gar keine Lust zu zeichnen oder Ukulele zu spielen. Meine Zeit verbringe ich meist mit Kochen, aufräumen oder Einkaufen. Abends lese ich anstatt Fernzusehen, aber auch das wird irgendwann langweilig.
Schließlich begehe ich einen großen Fehler: Ich entdecke, dass ich mir von der Arbeit aus Serien auf Netflix runterladen kann.

Nach einem Monat
Ich liege im Bett und starre an die Decke. "Wieso" frage ich mich, "Wieso hast du das getan?". Neben mir liegt mein Tablet. Die Netflix-App ist geöffnet. Ich habe einen Film geschaut und nun ist er vorbei. Mehr habe ich über das Firmen-Wlan nicht downloaden können. Es fühlte sich so richtig an ihn zu sehen, aber nun, wo ich merke, was ich getan habe, fühle ich mich einsam und leer. Ich Versager. Mein Smartphone bleibt auf dem Tisch liegen. Meine Bücher auch. Ich sehe einfach nur an grelle Lampe an der Decke und lausche ihrem Summen. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt - ich vermisse es sogar, wenn die Lampe aus ist. Ich nehme ich mir vor, trotz des Rückschlags mit meinem Experiment fortzufahren.

Nach zwei Monaten
Die Entzugserscheinungen sind krass. Ich habe das Gefühl als fehle mir etwas. Ich fühle mich abgeschnitten von der Außenwelt. Das bemerke ich vor allem dann, wenn ich im Auto sitze und Radio höre. Ich höre etwas von Anschlägen, Morden. All diese Dinge sind an mir vorbeigezogen. Ich fühle mich, als wäre ich im Auenland - unwissend, was in Mordor vor sich geht.
Außerdem scheine ich langsam den Anschluss zu anderen Menschen zu verlieren. Auf Videos und Sprachnachrichten kann ich nicht antworten, da ich sie nicht öffnen kann. Ich habe das Gefühl, dass ich mittlerweile auch kaum noch welche bekomme. Wer will schon eine Freundin, mit der man keine lustigen Videos teilen kann?
Doch langsam fange ich an, auch das Positive zu sehen. Jeden Tag wird man überschüttet mit neuen Infos, schrecklichen Geschichten und tragischen Unfällen. So viel kann man überhaupt nicht verarbeiten. Es ist schön, einfach mal nichts zu wissen. Außerdem entdecke ich ein neues Medium für mich: Die Tageszeitung.

Nach drei Monaten
Ich blättere durch die Zeitung, während ich meinen Kaffee trinke. Ich habe mir ein Radio besorgt und höre Musik. Draußen scheint die Sonne und die Vögel zwitschern. Kann es sein, dass die Vögel lauter sind als sonst? Ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich sie auch einfach nicht mehr gehört. Ich bin aus dieser reizüberfluteten Welt ausgebrochen, doch komplett daran gewöhnt habe ich mich noch immer nicht. Es fehlt mir einfach mal eben zu googeln oder ein Foto zu verschicken. Es fehlt mir in unangenehmen Situationen einfach das Handy rausholen und jemandem schreiben zu können. Es fehlt mir, mich vom Fernsehprogramm berieseln zu lassen. Es fühlt sich an, als säße ich unter einer Käseglocke. Als sei ich der Sonderling, der nichts mitkriegt. Ich will, dass dieses Experiment zuende geht.
Da meine drei Monate bald um sind, entschließe ich mich dazu bei der Telekom anzurufen um mein mobiles Datenvolumen aufzufüllen - natürlich nur für die Zeit nach dem Experiment. Ich hänge in einer Warteschleife. "Zur Zeit sind alle unsere Kundenberater im Gespräch. Ihre vorraussichtliche Wartezeit beträgt 45 Minten". Ich seufze und setze mich auf meine Bett. Immer wieder wird dieser erste Satz wiederholt. Dann kommt Musik. Ich schaue an die Wand und warte. Nach etwa 10 Minuten spreche ich den Text mit und wippe zu der Musik. Es hat etwas meditatives sich nur auf eine einzige Sache zu konzentrieren. Ich lege mich hin und schalte mein Smartphone auf Lautsprecher. "Zur Zeit sind alle unsere Kundenberater im Gespräch. Ihre vorraussichtliche Wartezeit beträgt 30 Minuten". Ich schließe die Augen und für einen Moment fühlt es sich an, als bräuchte ich nichts anderes als diese Warteschleife. 

Mittwoch, 4. Oktober 2017

§§ Die To-Do-Listen-Regularien §§ - Der Blockmist-Ratgeber

Liebe Freunde der Selbstgemachten Probleme und Herausforderungen,

Wir alle kennen sie, wir alle lieben sie. Manchmal treiben sie uns in den Wahnsinn und verschlimmern den ohnehin kaum auszuhaltenden Alltagsstress. Doch am Ende des Jahres will man ja etwas in der Hand haben. Etwas, das man vorzeigen kann, um stolz zu präsentieren, dass das zurückliegende Jahr doch zu etwas gut war.

Sie haben es vermutlich schon erraten, die Rede ist von den guten alten To-Do-Listen. Man schreibt Sie am Anfang des Jahres und macht sich dann an die Arbeit sie zu erledigen.
Doch obwohl wir jedes Jahr aufs Neue die Herausforderung suchen, schleichen sich bei Laien regelmäßig schwerwiegende Fehler ein, die eigentlich zum Ausschluss des restlichen Jahres führen sollten.

Damit Sie sich nicht vor Ihren Freunden und Bekannten bis auf die Knochen blamieren müssen, haben wir hier die wichtigsten To-Do-Listen-Regeln aufgelistet!


§1 Leistung muss auf Ansage erbracht werden!

Der Irrglaube: „Da mein Tretboot gerade von zwei wilden Schwänen angegriffen wird, könnte ich das doch mal schnell auf meine To-Do-Liste setzen. Das wird am Jahresende der Brüller!“

NEIN! Es ist natürlich nicht erlaubt die To-Do-Liste nach Belieben spontan auszuschmücken, nur weil mir gerade auffällt, dass ich gleich etwas Abgefahrenes machen werde, was sich gut auf meiner Liste macht. Wenn dem so wäre, dann würde auf meiner persönlichen Liste auch noch so einiges mehr stehen, wie z.B. an einem einzigen Tag mehr als einmal von einem Auto angefahren werden, mit einem Boot rauszufahren nur um auf einer einsamen Insel mein Geschäft zu verrichten oder eine Fehde mit einem Hotel beginnen. Spontane Dinge passieren einfach und das soll so bleiben. Damit kann man nicht mal meine Oma beeindrucken, also echt!
Da es jedoch grundsätzlich möglich sein sollte nachträglich Punkte zu seiner To-Do-Liste hinzuzufügen, müssen hier klare Regeln geschaffen werden. Ich schlage daher vor, dass nachträgliche Änderungen erst nach 4 Wochen angegangen werden dürfen.


§2 Suchen Sie die Herausforderung!

Der Irrglaube: "Warum sollte ich mich mit schweren Dingen stressen? Leichte Herausforderungen kann ich schnell und nebenbei abhaken!"

Und damit alltäglichen Quatsch auf die Jahresliste setzen? Ich glaub ich spinne! Wer das tut hat den Sinn der To-Do-Liste nicht verstanden. Das was du auf deine Liste setzt, sind Dinge von denen du noch nicht wirklich weißt, wie und wann (und meistens auch warum) du sie abhaken willst.
Wie zum Beispiel dieses eine Baugerüst am Steintor, von welchem man sicherlich einen sinnigen Ausblick genießen kann. Einfach mal rauf da! Und Wolltest du schon immer mal Didgeridoo spielen? Geh es an! Oder ist es dein Traum einen gepflegten Schluck aus dem Ganges zu nehmen? Das kann doch nicht schaden!
Und wenn du das alles geschafft hast, kannst du am Ende des Jahres stolz auf dich und deine Leistung sein. Die To-Do-Liste bietet nun einmal Platz für die besonderen Dinge. Oder willst du am Ende des Jahres nur stolz auf Kinderkram sein? Ich glaube kaum..


§3 Nichts geht in Vergessenheit!

Der Irrglaube: „Wenn ich etwas auf meiner Liste nicht abhaken kann, dann ist das doch gar nicht schlimm.“

DOCH! Manche mögen es lieber lang, andere eher kurz. Die Rede ist natürlich von dem Umfang der Liste.
Es ist natürlich respektabel, wenn Sie sich vornehmen eine Seitenlange Liste mit den unmöglichsten Aufgaben in einem Jahr abzuarbeiten, aber das muss erstmal geschafft werden. Und falls nicht, wird es eben noch einmal versucht, denn: Nicht erledigte Aufgaben sind niemals vom Tisch und werden ins nächste Jahr übertragen!
Lassen Sie sich lieber Aufgaben einfallen, die sowohl im Umfang als auch im Schwierigkeitsgrad in einem Jahr machbar sind. Wenn Sie sich beispielsweise auf die Kappe schreiben wollen von einem Delphin ein Highfive zu bekommen, dann ist dies nicht nur schwierig, sondern wird sie im schlimmsten auch noch für den Rest ihres Lebens begleiten, bis Sie es dann vielleicht doch irgendwann abhaken können.
Die Empfehlung der Redaktion lautet daher: In der Kürze liegt die Würze!


§4 Erhöhen Sie den Schwierigkeitsgrad

Sie haben schon eine Liste geschrieben, die allen Kriterien entspricht und möchten gerne weitere Punkte aufnehmen, doch Ihnen fällt nichts mehr ein?

Kein Problem, lassen sie Ihre Freunde den Schwierigkeitsgrad für sich erhöhen. Sie denken das ist unfair, da Ihre „Freunde“ Sie bestimmt mit den gemeinsten Aufgaben in die Pfanne hauen wollen? Solche Freunde kennen wir und haben das daher bereits bedacht, hier ein Vorschlag:
  1. Schritt: Setzen Sie sich mit anderen Freunden der gepflegten To-Do-Listen zusammen. 
  2. Schritt: Jeder schreibt anonym eine (oder mehrere) kreative und machbare Aufgabe(n) auf ein Stück Papier. Die Zettel werden in einem Hut gesammelt.
  3. Das Losglück entscheidet, wer welche zusätzlichen Aufgaben zu erledigen hat.
Der Clou: Da jeder auch seinen eigenen Zettel ziehen könnte, ist man bestrebt sich faire Aufgaben einfallen zu lassen!


Steht auf Ihrer To-Do-Liste zufällig, dass sie einen Schwur leisten wollen?! Dann ist das hier Ihre Gelegenheit! Schwören Sie auf alles was Ihnen heilig ist, dass Sie diese Regeln einhalten werden und schon ab dem nächsten Jahr an einer qualitätsgeprüften ToDo-Liste arbeiten!

Hinweis: Die in diesem Beitrag erwähnten Beispiele beruhen allesamt auf realen To-Do-Listen oder Begebenheiten und sind keineswegs fiktiv. Verbesserungsvorschläge werden entgegengenommen und unter Umständen auch gelesen.