Da war ich neulich in der Stadtmitte unterwegs um mir eine neue Scheibe zu besorgen, bei Intersport oder was, und musste feststellen, dass die Auswahl an Scheiben mehr als begrenzt war. Frisbee - das Curling der Lüfte. Die eleganteste Sportart von allen. Und der Intersport oder was hat noch zwei Scheiben da. Beide 90 Gramm schwer, lediglich verschiedene Farben, sonst identisch. Ich hegte Groll, denn ich war auf der Suche nach ~140 Gramm und ich wusste, dass es mal mehr Auswahl gab. Der Aussage eines Verkäufers nach, lohne sich das nicht, die Scheiben anzubieten. Laufen zu schlecht. Du lohnst dich nicht, habe ich zu ihm gesagt und bin gegangen. Ich schmiss die automatische Schiebetür hinter mir zu, und verließ umgehend die Stadt. Während ich wutentbrannt mit meinem Cabrio an den Steilklippen in Richtung Sonnenuntergang raste, fragte ich mich, wie man den Scheibensport fördern könnte. Die Idee des Interessenverbands Scheibe schmeißen, kurz ISS, war geboren. Wenn ich genug Mitstreiter zusammenbekommen kann, können wir die Scheibe wieder groß machen! Würden Lobbyarbeit im Bundestag betreiben und die Leute hätten endlich eine kostengünstige, pandemiegerechte und erhabene Freizeitbeschäftigung. Schmeiß Scheibe weit again!, war der erste Anflug eines Slogans. Ich habe einen guten Kumpel, der eventuell da was machen kann, fiel mir plötzlich ein. Ja, das ist eine gute Idee, ich machte mit meinem Flitzer einen U-Dreh und fuhr Richtung Bundeshauptstadt.
Was für eine saublöde Idee, sagte Steinmeier zu mir, als wir uns an der Warschauer Straße ein Sterni am Kiosk holten, da hat doch keiner Bock drauf auf Frisbee. Viele wissen gar nicht, dass ich den Bundespräsi schon ganz gut kenne, aber ist wahr. Man hörte zwei Kronkorken auf den Gehweg fallen, bevor wir ein wenig durch die Gegend flanierten. Steini, wie ich ihn gerne nannte, auch wenn er das nicht mochte, trug eine fast gesichtsbedeckende Sonnenbrille und eine Baseballcap, um nicht gleich erkannt zu werden. Die Idee ist nicht blöd, entgegnete ich, auch wenn ich auf die schnelle kein Argument dafür parat hatte, Fußball ist blöd. Außerdem habe ich schon ein cooles Logo entworfen. Ich hielt Frank-Walter mein Motorola ins Gesicht.
Sicher wäre "WIRF" richtiger gewesen, sah aber irgendwie doof aus.
Und für so einen Quatsch soll ich jetzt ein paar Euronen lockermachen oder was?, fragte Steini mit einer Stimmlage, irgendwo zwischen genervt und gelangweilt.
Wäre nett.
Vergiss es. Wir lehnten uns an das Geländer der Warschauer Brücke und beobachteten schweigend eine Weile ein paar Züge, die sich ihren Weg vom oder zum Ostbahnhof bahnten. Es war eine schöne Sommernacht.
Überleg es dir doch nochmal in Ruhe, Steini. Wir müssen es ja nicht überstürzen. Aber außer Fußball und ein Mal im Jahr Superbowl haben wir doch nichts. Handball interessiert doch in Wirklichkeit auch niemanden.
Ich werde darüber nachdenken, Vsen, sagte er zu mir, als wir unsere leeren Flaschen neben den Mülleimer stellten. Ich höre mich im Bundestag mal um wegen deinem Frisbeesclub, er heißt ISS, warf ich ein, aber Frank-Walter war es egal, ob da jemand was mit zu tun haben will. Aber ich muss jetzt wirklich los. Morgen wieder Arbeit, gar kein Bock.
Alles klar. Ich muss auch langsam nach Hause. Gute Nacht, Frank.
Gute Nacht.
Frank-Walter Steinmeier überquerte die vielbefahrene Straße, als es gerade etwas ruhiger war und verschwand im S-Bahnhof um in Richtung Bellevue zu fahren. Als ich später mit meinem Cabrio auf der A2 durch das dunkle Brandenburg fuhr, wurde ich das Gefühl nicht los, meine Zeit verschwendet zu haben. Frank ist immer sehr beschäftigt, er könnte mein Anliegen bestimmt vergessen, wurde mir bewusst oder vielleicht war ihm das auch einfach zu doof. Und bis heute warte ich vergebens auf eine Antwort. Steini, wenn du das hier liest, bitte melde dich! Und denkt immer daran:
ISS needs you
&
Blockmist wants you
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