Donnerstag, 15. Juni 2017

Zug um Zug - Eine Reise zum Schwarzen Meer Teil 2/3

Die zweite Woche:

09.05.2017

Auf dem Weg zum Bahnhof holte ich mir noch eine viertel Pizza, wie gestern und verpasste deshalb den Zug nach Bratislava. Ich wusste nicht wann der fährt, hatte ich mir nicht aufgeschrieben. Der nächste kam in zwei Stunden. Solange latschte ich noch bis zur Peterskirche auf dem Berg und blickte auf die Stadt. Auf dem Rückweg fand ich blöderweise den Bahnhof nicht mehr und verpasste wieder meinen Zug. Die nächsten zwei Stunden verbrachte ich am Bahnhof.
Bratislava an der Donau mit UFO
In Bratislava sah ich ein Schild für ein Hostel. Dieses hatte kein Zimmer mehr frei, aber fast nebenan gab es noch eins. Das nahm ich. Ein Vierbettzimmer für zwei Nächte. Hostels hatte ich nie in Erwägung gezogen, warum weiß ich nicht. Die sind ja richtig preiswert. Gute 15 € die Nacht. Warum bin ich da nicht früher drauf gekommen? Einer war schon im Zimmer und bot mir kurz darauf Backwaren von seiner Mutter an, die auch sehr lecker waren. Ab kurz nach 5 ging ich in die Stadt. Die Brücke mit dem UFO war sehr brisant. Ich sah von der Nähe der Burg auf die Donau. Dass musste irgendwie das Parlament oder so was gewesen sein, wo ich stand, da die Security mich fragte, ob das mein Rucksack war, der da rumlag. War auch meiner, keine Panik. Auf der anderen Donauseite lag ein Wald. Story mit Plot Twist:
Ich im Wald, muss pissen. Trau mich in dieser fremden Stadt nicht, irgendwo könnten ja Leute gucken. Ich geh auf den Hauptweg zurück, kommen mir tatsächlich Leute, Mann und Frau, ca. 50-60, entgegen. Glück gehabt. Die beiden ein ganzes Stück weiter, guckt sich der Mann um. Die Frau geht ins Gebüsch und zieht die Buchse runter. Schnell weg. Habe mir dann auch einen Baum gesucht.

10.05.2017

Da der Bahnhof nicht weit ist, schaffte ich es mal pünktlich zum Zug. Ab nach Wien. Tagesausflug. Eingleisige Strecke ohne Elektrifizierung zwischen zwei Hauptstädten Europas? In 2017? What?
Wien sieht gut aus. War mir nicht bewusst, dass es hier so viele alte, historische Gebäude gibt. Also schon, aber nicht in der Fülle. Nur das Klo im Volkspark war der Stadt nicht würdig. Halbes Plumsklo. Und ich wusste nicht, dass Österreich das ß benutzt (bzw. benützt in Österreich).
Die Donauinsel war schön grün und hat eine extra Grillzone. Abends bestieg ich Bratislava den Berg bis zum Kriegerdenkmal. Gräber, Aussicht auf die Stadt und Grasgeruch von irgendwo. Seltsame Mischung. Ich setze mich noch in einen nahegelegenen Park, bis ich rausgeschmissen wurde.

11.05.2017

Heimatgefühle: Der TW 6000 (rechts)
Nach dem ich im nahegelegenen Park gefrühstückt und dann ausgecheckt hatte, machte ich mich auf den Weg nach Budapest. Beim Einfahren sah es nicht besser aus als die anderen Ostblockstädte. Nach links blickend sah ich einen ehemals hannoverschen TW 6000. Heimatgefühle. Von 260 Fahrzeugen hat Budapest mittlerweile 100 im Fuhrpark. Die Bahnhofshalle hatte was von einem Schloss. Ich entschied mich heute Nacht gleich weiterzufahren und schloss mein Gepäck im Bahnhof ein. 20 Euro hatte ich in 5000 Forint umgetauscht. Kein Guter Kurs (Wechselkurs 1 zu 307). 24 Stunden Budapest-Ticket und los. Links vom Ausgang standen die TW 6017 auf dem linken Gleis und TW 6006 rechts. Ich fuhr kurz darauf mit dem TW 6036. Die Bahnen hatten hier Schiebefenster bekommen. Da kann sich die Üstra eine Scheibe von abschneiden. Ich stieg irgendwo aus und wieder um und nochmal und irgendwann war ich in der Stadt. Schien doch ganz cool zu sein hier. Über eine Brücke verließ ich Pest und gelangte nach Buda. Ich erklomm einen Berg. Auf halber Höhe war die Aussicht noch nicht vielversprechend, aber ganz oben war sie der Oberhammer. Die Donau, die Gebäude, richtig gut. Zurück auf der anderen Seite fuhr ein Auto bei Gelb und Rot über Gleise. Die Bahn konnte gerade noch so bremsen. In der Stadt gibt es viele Bettler. Leider habe ich Zweien was gegeben. Der Dritte hat dafür um so mehr gebettelt.
Budapest ist einfach richtig schön
Kurz vor 11 gibg es mit dem Zug nach Hermannstadt (rumänisch: Sibiu). Wieder eine alte Klapperkiste mit Abteilen. Dieses hatte ich immerhin die Fahrt über für mich alleine.

12.05.2017

Bhf. Hermannstadt
Der abgetrennte Zug. Beschilderung? Nicht in Făgăraș
Ich versuche es zu rekonstruieren: Es muss um die halb Drei gewesen sein. Ich am pennen, kommt eine Frau mit österreichischem (?) Aktzent rein: „Pasport-Kontrolle“. Ich, völlig, aber wirklich völlig verballert, frage mich, ob der Zug über Österreich fährt. Ausweis gezeigt, alles gut. Es muss eine Stunde später gewesen sein, kommt ein Kerl rein, wollte auch meinen Ausweis sehen. Er badankte sich mit „Merci.“ Ich stand auf und sah aus dem Fenster: Rumänischer Grenzübergang. Es hatte hier was Feindseliges. Laut meinem Plan sollte es um 4:10 weitergehen, laut Anzeige 5:10, kurz vor halb 4 ging es weiter. Die Rumänen bemühen sich ihr Land aufzubauen: Überall Baustellen. Aber auch überall Straßenhunde.Wir kamen in Hermannstadt gut eine Stunde früher an als wie es auf meinem Plan stand. Ich wollte die nächste Bahn nach Kronstadt (rumänisch: Brașov), solange ging ich durch die Stadt. Erst Geld holen, dann zu Subway (Falafel-Sub, war auch recht preiswert), dann über den Marktplatz. Zurück am Bahnhof stand mein Zug nicht mehr an der Tafel. Wie konnte ich den Zug verpassen? Ganz einfach: Ich erfuhr kurz darauf, dass in Rumänien die Uhren eine Stunde vorgehen. Wer ahnt denn sowas? Das erklärte natürlich den Zug, der eine Stunde zu früh dran war. Zu früh für meine Uhr. Ich setzte mich zum Gleis 5, um für die nächsten 1,5 Stunden nichts zu machen. Ich fuhr nicht durch bis Kronstadt, sondern musste in Făgăraș umsteigen. Zu meiner Rechten waren verschneite Berge (wahrscheinlich die Karpaten), zu meiner linken ein Straßenhund in sicherer Entfernung. Der Zug kam und es war wieder so ein Heißer. Die Suppe war am tropfen. Während der Fahrt mit dem modernen Dieselzug sprach mich eine alte Dame an, aber wir sprachen keine gemeinsame Sprache. Ein Junge erklärte mir, dass sich der Zug teilt und ich im falschen Teil bin. Als Nicht-Rumäne war das hier echt schwer. Ansagen oder Tafeln gab es keine Einzige. Der Aufenthalt in Făgăraș war echt öde. Weit und breit gab es nichts. Auch der Bahnhof hatte keine einzige bewegliche Anzeigetafel. Auf den Bahnsteigen war nichts. Die Bahnsteige waren tief und die Türen der Züge öffnen in diesem Land zuweilen auf beiden Seiten und die Menschen laufen standardmäßig über die Schienen.
Einzige Infoquelle in Făgăraș
Außerdem brauchte ich von Hermannstadt bis Kronstadt gute 6 Stunden (Autostrecke lt. Google Maps: 144 km). In Kronstadt war es bei Ankunft Zeit für heute Schluss zu machen. Ich latschte durch die gesamte Stadt, rief dann in einem Hostel an und ging dort hin. Internet auf dem C3-01 kann doch was bringen. Das Hostel war von Außen ein normales Wohnhaus, innen war alles ein bisschen Selfmade (Schilder, Wandmalereien, etc.). War auf der Reise mein Lieblingshostel. Ich kam für unter 15 € in einem 12-Bett-Zimmer unter. Es nannte sich „Tiny room“.

13.05.2017

Ich habe geträumt, ich wäre wieder zu Hause – und es war sehr schön. Im Hostel gab es sogar Frühstück (Brot, Müsli, etc.). Mit beim Frühstück saßen Deutschsprachige, die wandern gehen wollten. Klar, Teller und Besteck musste man dann selber säubern. Danach ging es mit der Bummelbahn nach über Bukarest nach Constanza (rumänisch: Constanța). Der Sackbahnhof war auch in der sechstgrößten Stadt der EU nicht behindertengerecht (flache Bahnsteige). Er war alt und unschön. Ich wollte mal nur kurz vor die Tür, schon wurden mir überall Taxis angeboten. Einer laberte mich richtig lange voll. Schnell wieder in den Bahnhof. Es regnete sowieso. Um 14:00 kam die Bahn nach Constanza. Diese fuhr verhältnismäßig schnell und ohne Zwischenstops. In Constanza wurden mir gleich wieder Taxis angedreht, aber ich lief erstmal los. Nach einer Runde verlaufen erreichte ich nun endlich mein Ziel: Das Schwarze Meer! Es war hier nicht schön am Strand. Viel Müll. Gleich hinter mir lag das Ibis-Hotel, in dem ich übernachtete. Ich hatte sogar einen Balkon mit Blick aufs Wasser. In der Nacht zog dann ein schweres Gewitter auf.
Endlich am Ziel!

14.05.2017

Kein Sticker klebt östlicher (Constanza)
Ich kriege schon wieder die Krise. Man darf sich einfach nicht auf sein Glück verlassen. Dabei fing der Tag gut an: Ich ging nach dem Ausschlafen runter zum Strand und hielt die Füße ins Wasser. Erfrischend. Dann latschte ich zum weit Entfernten Bahnhof (Google Maps: 2,3 km, aber die Tasche) und fand ihn auch auf Anhieb. Es war 20 vor 9. Der letze Zug fuhr um halb 9 und der nächste um 13:00. Dachte die fahren hier alle Stunde oder sowas, da muss man nicht gucken. Blöder Gedanke. Ich kaufte mir noch 1 l Wasser und dann hatte ich auch so gut wie kein Geld mehr. In der Halle sind acht Stühle in zwei Reihen, alle frei. Außen sitze ich, dann ein freier Platz und dann setze sich ein Typ auf den dritten Stuhl und isst Flips. Knusper knusper. Womit habe ich das verdient? Hätte ich gewusst, dass es noch schlimmer geht, dann wäre ich dort geblieben. Ich setze mich raus, wo mich ein „Sorry, im a little bit drunk“-Typ anfängt mich richtig vollzulabern. Ich weiß gar nicht, was der wollte, hab kaum was verstanden. Das ging eine weile so, bis der Dude im Bahnhofskiosk verschwand. Ich ergriff die Flucht in einen nahegelegenen Park. Erst war alles gut und ich hing da rum, aber auch hier wurde ich nach einer gewissen Zeit von einem alten Mann belästigt, der nicht verstand, dass ich ihn nicht verstand. Er wurde dann von der Parksecurity (?) augenscheinlich gebeten zu gehen. Das spricht schon für sich, dass dieser Park einen eigenen Wachmann zu besitzen scheint.
Im Zug musste ich erstmal meinen gerade ergatterten Platz aufgeben, da ich nicht reserviert hatte. Im Nächsten Waggon unterhielt ich mich dann aber eine ganze Weile ganz nett mit einem älteren, deutsch sprechenden Rumänen, der nach Bukarest fuhr (der Zug fuhr wieder in einem durch) um ein Gemälde zu verkaufen.Leider verstand ich nur die Hälfte, da es in dem Zug zeitweise sehr, sehr laut war. Er erzählte viele Ding über die vorbeiziehende Landschaft, wie z. B. Rumäniens einzigstes Atomkraftwerk, welches mir auf dem Hinweg gar nicht aufgefallen war (obwohl ich es noch bei Wikipedia nachgeschlagen hatte). Im Bahnhof fragte er sogar für mich, wann der nächste Zug nach Budapest geht (hätte ich auch so geschafft, aber er wollte das machen). Jetzt schaffte ich auch einen kleinen Rundgang durch Bukarest. Muss man nicht gesehen haben. Zumindest das wo ich war. Als ich in den Zug einsteigen wollte, verweigerte man mir den Eintritt. Musste noch vorher eine Reservierung mit EC-Karte kaufen. Kein Bares mehr gehabt, was ein Stress.

15.05.2017

Nachts im Zug. Wieder Kontrollen. Der nette Mann von gestern erwähnte auch, dass Rumänien kein Schengenland ist. Hatte ich immer gedacht. In Budapest hatte ich bis 14:45 Aufenthalt. Ich lief vom imposanten Parlament aus u. A. Zum Budapest Eye (Riesenrad), bis ich wieder einen altbekannten Fehler machte: Ich musste zurück und wusste nicht wo ich bin. Ich lief den richtig weiten Weg zum Parlament zurück, ist an der Donau, also kaum zu verfehlen, weil die U-Bahn zum Bahnhof fuhr. Das wusste ich, war ich ja auch mit gekommen. Ungefähr um 14:37 erreichte ich den Zug nach Zagreb, Kroatien. Ein Kind schrie im Wagen. Ohne Krachmacher schien es wohl nicht zu gehen.
Abends kam der Zug in Zagreb an. Unterkunft gesucht. Das Central Hotel war mir mit 70 € zu teuer, aber hinter der nächsten Ecke war ein Hostel für 15 die Nacht. Perfekt. 6er-Zimmer. Einer war schon drin und am pennen und hatte auch schon abgeschlossen. Schön war das Hostel nicht. In der Nacht kam noch ein dritter Mann.

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