Freitag, 6. Mai 2016

Land und Leute

Zeit mal etwas über Land, Leute und Alltag zu berichten. Auch wenn ich erst zwei Wochen da bin, kann ich da ein paar Geschichten erzählen. Bevor ich herkam habe ich immer gehört, dass man am meisten erlebt, wenn man sich viel in der Stadt aufhält und nicht Zuhause rumgammelt. Macht Sinn und wie es der Zufall will wohne ich etwa 21 km von meiner Arbeitsstelle entfernt. Das führt dazu, dass ich eigentlich mehr Zeit auf der Straße verbringe als auf der Arbeit. Mein täglicher Weg sieht wie folgt aus:

 

Wobei die markierten Abschnitte die folgende Bedeutung haben:


  • Abschnitt 1: Bajaji von Zuhause zur Fähre, macht 500 TSH und dauert etwa 5 Min 
  • Abschnitt 2: Fähre von Kigamboni nach Kivukoni (Stadtzentrum), macht 200 TSH und dauert etwa 10 - 30 Min mit ein- und aussteigen 
  • Abschnitt 3: Fußmarsch vom Fährenhafen zum Posta, ist for free und dauert etwa 15 Min 
  • Abschnitt 4: Dala-Dala von Posta zum Ubungo-Terminal, macht 400 TSH und dauert etwa 30 - 40 Min 
  • Abschnitt 5: Fußweg über die Straße beim Ubungo-Terminal, kostet Nerven und dauert zwischen 10 und 30 Min, weil Zebrastreifen und Ampeln grundsätzlich ignoriert werden dürfen, wenn man vorher mit Hupen auf sich aufmerksam macht. Zudem ist die Straße 6-spurig. Lebensgefährlich. 
  • Abschnitt 6: Dala-Dala von Ubungo bis zur Mabibo External Processing Zone, wo ich arbeite, macht 400 TSH und dauert etwa 5 Min. 


Insgesamt dauert der Weg pi mal Daumen zwei Stunden. Plus minus 30 Minuten und kostet 1500 TSH. Ganz schön viel für 20 km. Zusammen mit dem Rückweg sind das umgerechnet 1,20 €. Finanziell also kein Problem, nervt aber manchmal, weil einfach alle Straßen und Fahrzeuge grundsätzlich überfüllt sind. Es gibt eine nie enden wollen Rushhour und in den Dala Dalas, sowie der Fähre werden die Leute reingequetscht wie die Sardinen in die Dose. Stellt man sich dazu eine Umgebungstemperatur von durchschnittlich 35°C tagsüber mit hoher Luftfeuchtigkeit vor, kann man sich vorstellen, dass das unangenehm werden kann. Aber man sieht tatsächlich jeden Tag etwas Neues. Das reicht von (vermutlich) tödlichen Motorradunfällen, über überschwemmten Straßen bis hin zu diversen Nutztieren mitten in der Großstadt. Dass die Straßen grundsätzlich überfüllt sind hat übrigens auch einen Grund. Und zwar wurde in Daressalam seit etwa 80 Jahren keine Stadtplanung betrieben. Das heißt es gab zwar eine Innenstadt, jedoch wurde in eigentlich allen anderen Stadtteilen einfach planlos gebaut. Es befinden in der ganzen Stadt regellos aufgestellte Blechhütten und Slums. Diese wurden ohne System gebaut, wodurch es unmöglich ist in den meisten Stadtteilen vernünftige Straßen zu bauen, weil einfach kein Platz für Fahrzeuge zwischen den Hütten ist. Dadurch gibt es auch meistens nur unbefestigte Straßen, die sich während und nach der Regenzeit in Schlammpisten verwandeln. Zudem sind die wenigen „Hauptstraßen“ alle 6-spurig und völlig überfüllt. Stau ist alltäglich. Ein Fehler der Politik also. Aber auch kein Wunder, wenn man bedenkt, dass die Präsidenten des Landes bis zuletzt mehr damit beschäftigt waren von Korruption zu profitieren als etwas für die Gesellschaft oder Infrastruktur zu tun. Seit Anfang des Jahres gibt es nun aber einen neuen Präsidenten, der für Recht und Ordnung sorgen soll. Man erkennt sogar schon Verbesserungen: Alle Häuser, die sich beispielsweise zu dicht an den Straßen befinden, wurden mit einem großen roten „X“ versehen und werden in den nächsten Monaten abgerissen um Platz für Straßen zu schaffen. Keine Rücksicht auf Verluste. Aber da muss halt einfach was passieren..

Motorradfahrer
Fähre
Nachts am Strand

Ansonsten wird man auf der Straße ständig angesprochen von eigentlich jedem. Das ist erstmal ungewohnt, aber hier normal. Es gehört in Tansania zum guten Ton so ziemlich jeden zu begrüßen, den man sieht. Und eine Begrüßung ist hier keineswegs einfach nur ein „Hallo“ wie bei uns, sondern eigentlich schon ein ganzes Gespräch mit „Wie geht’s dir?“ und „Was macht die Arbeit?“ etc. Grundsätzlich fallen dabei auch alle Antworten positiv aus. Hier sagt keiner, dass es ihm schlecht geht, wodurch diese „Gespräche“ irgendwie nichtssagend sind, weil man die Antworten bereits zu 100% im Voraus kennt. Aber wenn sich das hier so gehört.. Hat ja auch etwas Gutes an sich: Jeder ist immer gut drauf. Wenigstens gezwungenermaßen.

Hier noch ein paar Instagramm-Bilder, die ich einfach mal einbette, damit ich die nicht nochmal hochladen muss:



2 Kommentare:

  1. Und so wie es aussieht fährt man Motorrad auch immer ohne Helm und Schutzkleidung. Aber wie kann man 80 Jahre einfach wild Hütten und Straßen bauen? Da wär ich auch mal gerne vor Ort

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  2. Hat wohl weniger gekostet einfach wegzusehen als sich drum zu kümmern. Außerdem suchen die Leute im ganzen Land arbeit und ziehen alle in die Großstädte, deswegen nimmt die Bevölkerung auch drastisch zu. Hier weiß keiner so genau wie viele Einwohner die Stadt eigentlich hat.
    Ist jedenfalls übel stressig in der Stadt unterwegs zus ein..

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