Es erwartet Sie im Folgenden ein hochgelobtes Meisterwerk der mehrfachen Literaturnobelpreisträgerin Karo Kolumbus.
Besonders
hervorzuheben ist hierbei, wie der Gesellschaft der Spiegel vorgehalten
und unsere selbst erschaffene Realität in Gänze hinterfragt wird. Ein
Werk, das Fragen aufwirft und uns einen Blick werfen lässt auf die Absurdität dessen, was uns so selbstverständlich scheint. Und das in einer Kürze und Brillanz, die von anderen Autoren unerreicht
bleibt.
Eine Geschichte, so voll Tiefgründigkeit und doch aus
dem Leben gegriffen - denn all das hat sich in der Hamburger Hochbahn
tatsächlich so zugetragen.
„Vielleicht sollten wir sie noch mal fragen“, sagt die Frau neben mir. „Was das sein soll.“
Ich
werde neugierig. „Ja, aber ich hab davon noch nie gehört“, sagt einer
der beiden Männer, die ihr gegenüber sitzen. Mir sitzt nur eine Frau mit
vier großen Einkaufstüten gegenüber.
„Was soll das denn bitte sein?“ fragt der Mann. „Aufbackbrot?“ Er betont es überdeutlich, fast schon abwertend. Als würde es albern klingen.
„Keine Ahnung, aber nachher denkt die, wir sind bescheuert, wenn wir das nicht kennen. Ich hab das doch auch noch nie gehört!“
Ich
hab das auch noch nie gehört, denke ich. Aufbackbrot. Was soll das
sein? Aufbackbrötchen, ja, die kenne ich. Aber Aufbackbrot?
„Vielleicht ist das ja wie Aufbackbrötchen.“, sagt die Frau „Nur halt Brot zum Aufbacken“
„Ach“,
sagt der Mann abfällig und verdreht die Augen. „Das habe ich aber noch
nie gesehen“. Ich hab das auch noch nie gesehen, denke ich. Aufbackbrot.
Der andere Mann schaut nur mit hochgezogenen Augenbrauen zwischen
den beiden hin und her. Wieso habe ich das noch nie gesehen? Also
Aufbackbrot. Aufbackbrötchen gibt’s doch auch. Wieso nicht Aufbackbrot?
Oder habe ich das nur einfach noch nie im Supermarkt gesehen? Und wieso
hat mir das bis heute nie gefehlt? Brötchen, die sind aufgebacken doch super. Da kommt man auch von selber drauf. Aber Brot? Ich hatte
noch nie Lust darauf, ein Brot aufzubacken. Zu backen vielleicht, aber AUFzubacken? Gibt’s das überhaupt,
Aufbackbrot? Wäre das gut? Die Frau neben mir sagt nur „Naja egal. Aber
komisch ist das schon.“ Ja, komisch ist das mit dem Aufbackbrot. Aber
ich weiß nicht, was komischer wäre. Dass es kein Aufbackbrot gibt, obwohl
es Aufbackbrötchen gibt; Dass es Aufbackbrot gibt, aber weder ich noch
die drei züfällig neben mir sitzenden Personen je davon gehört haben; Oder dass nie jemand darüber
nachdenkt, ob es Aufbackbrot gibt.
Aufbackbrot, denke ich wieder. Gibt
es das? Es gibt doch auch Aufbackbrötchen. Sonntags Brötchen
aufbacken, das kennt man. Aber Brot aufbacken? Davon habe ich noch nie
gehört. Ich überlege wieder, ob das gut wäre. Ich kann es mir nicht
vorstellen. Plötzlich habe ich Angst, dass ich Aufbackbrot will und es
das dann gar nicht gibt.
Ich google.
Ich finde Aufbackbrot.
Glutenfreies.
Aber
so richtiges normales Aufbackbrot? Aufbackbrötchen, ja, die finde ich.
Aber Aufbackbrot? Eins habe ich gefunden. Das glutenfreie. Google
korrigiert meine Suchanfrage nicht. Fragt nicht, ob ich Aufbackbrötchen
meinte. Google kennt Aufbackbrot. Ich nicht. Es zeigt mir aber Brötchen
an. Und das glutenfreie Aufbackbrot.
Aufbackbrot, denke ich wieder.
Wieso gibt es davon so wenig? Vielleicht, denke ich, weil nie jemand
wirklich darüber nachgedacht hat.